Stickstoffmonoxid: Radikal, Hormon, Ligand

Zur Einführung: Die chemische Bindung im Positionspapier zum Abiturwissen der Konferenz der Fachbereiche Chemie (KFC) (unter Stellungnahmen).

Das Radikal NO

Als Erstes sehen wir uns einige Grundlagen zum Aufbau des Stickstoffmonoxids an – so, wie sie typischerweise in einer chemischen Grundvorlesung gelehrt werden. Wir achten besonders darauf, wie man die jeweils vier Atomorbitale der Valenzschalen eines N- und eines O-Atoms als Bausteine verwenden kann – entweder um zu einer Molekülorbital-Beschreibung zu gelangen, oder um Bindung durch eine Lewis-Formel zu beschreiben. Da wir 11 Valenzelektronen zu verteilen haben, muss ein Radikal herauskommen; der Gesamtspin S ist ½, die Multiplizität ist dann 2 S + 1 = 2, also ein Dublett.

Die nächsten Schritte: wir skizzieren die Atomorbitale, die zu den MOs beigetragen haben. Anschließend lokalisieren wir die MOs des NO-Moleküls und stellen den Bezug zur Lewisformel her.

Dann eine weitere Anwendung des quantitativen MO-Schemas, Sie bewerten nämlich eine Aussage, die möglicherweise etwas mit der Metastabilität von NO zu tun hat, von einer der Internetseiten, die man beim Googeln zur Chemie findet: „Nach der Molekülorbitaltheorie befindet sich das einsame Elektron in einem antibindenden π*-Orbital, so dass relativ leicht durch Abgabe dieses Elektrons das stabilere NO+-Ion entsteht “.

NO: Hormon und nicht-unschuldiger Ligand (engl. non-innocent ligand)

Wir schauen drei konkrete Koordinationseinheiten an, die alle ein Fe-NO-Fragment enthalten.

Natriumnitroprussid, Na2[Fe(CN)5(NO)]·2H2O, ein {FeNO}6-Komplex mit NO+-Ligand, der seit langem bei Operationen eingesetzt wird, um schnell den Blutdruck zu senken. Zur Beschreibung benötigen wir d-Orbitale, die nun als weitere Bausteine hinzukommen. Um einen schnellen Zugang zu den Bindungsverhältnissen im Nitroprussid zu gelangen, beginnen wir mit dem Anion des gelben Blutlaugensalzes. Nächster Schritt: warum ist sowohl die Fe←NO-Bindung als auch eine Fe→NO-Wechselwirkung schwach? Oder medizinisch gefragt: warum wird bei der Infusion von Nitroprussid-Lösungen das Hormon NO frei? – Bevor es aber weitergeht, kurz ein Kommentar zur Enemark-Feltham-Notation, die die Nicht-Unschuld des NO-Liganden berücksichtigt.

Nitrophorine mit einem gewinkelten {FeNO}6-Komplex mit NO-Radikal-Ligand. Deren Wirkung werden Sie in wenigen Wochen ausgesetzt sein, wenn die Mücken wieder unterwegs sind.

Schließlich ein {FeNO}7-Komplex mit der wohl kompliziertesten Bindungssituation, ein high-spin-Eisen(III)-Zentralatom mit einem 1NO-Liganden. Auch hier aber gelingt es wieder durch die Kombination der üblichen Bausteine, nämlich der Atomorbitale, die Bindung angemessen zu beschreiben. Als Materialien hierzu einige Bilder:

Der „braune“ Ring.

Ausschnitt aus der Struktur von H3O[Fe(NO)(μ4-SO4)(HSO4)].

Fazit

Egal, wie kompliziert eine Bindungssituation ist, so können Sie doch meist das Ergebnis einer computerchemischen Analyse durch deren Bausteine, die Atomorbitale, einordnen. Die freihändige Vorhersage dagegen, hinterlässt auch bei einfachen Molekülen viel Unsicherheit.

Links zum Handwerkszeug

Sie finden eine Anleitung zum Umgang mit frei verfügbarer quantenchemischer Software im Skript des Forschungspraktikums für das Lehramt.