Arzneistoffentwicklung: Suche im Kaleidoskop der Wirkstoffe
Bisher kamen MS-Bindungsstudien allerdings nur für die Untersuchung einzelner Substanzen zum Einsatz. Nun konnte Wanner mit seinem Team zeigen, dass die Methode auch geeignet ist, wenn viele Substanzen gleichzeitig untersucht werden: Die Wissenschaftler nutzten sogenannte dynamische Substanzbibliotheken, bei denen sich die zu untersuchenden Stoffe aus „Molekülbruchstücken“ wie in einem Kaleidoskop immer wieder neu kombinieren, sodass ein permanenter Zerfalls- und Neubildungsprozess stattfindet.
Geringste Konzentrationen im Visier
Für das Wirkstoffscreening mittels derartiger Bibliotheken verfolgt man in der Regel, wie sich deren Zusammensetzung bei Anwesenheit des Targets verändert. „Solche Analysen sind oft recht aufwändig, vor allem wenn das Target nur geringe Konzentrationen erreicht, wie dies etwa bei membranständigen Systemen meist der Fall ist“, sagt Wanner. Um verlässliche Ergebnisse zu erhalten, sorgten die Wissenschaftler mit Hilfe spezieller Methoden dafür, dass die Substanzbibliotheken in einem pseudostatischen Zustand mit nahezu identischen Konzentrationen für alle Testverbindungen vorliegen.
Auf diese Weise konnte Wanner selbst Bindungsvorgänge an sehr niedrig konzentrierte Targets erfassen - die neue Screening-Methode ermöglicht somit eine effizientere und schnellere Entwicklung von Modellstrukturen für die Arzneistoffentwicklung. Dabei lässt sich das Verfahren prinzipiell auf jedes Target anwenden - für eine beispielhaft untersuchte Zielstruktur konnten bereits zwei neue Leitstrukturen für die Wirkstoffentwicklung identifiziert werden. (ChemMedChem, 3. September 2012) göd
Publikation: Library Screening by Means of Mass Spectrometry (MS) Binding Assays—Exemplarily Demonstrated for a Pseudostatic Library Addressing γ-Aminobutyric Acid (GABA) Transporter 1 (GAT1) M. Sindelar, K.T. Wanner ChemMedChem, 3. September 2012 DOI: 10.1002/cmdc.201200201