Energieuebertragung in Organischen Leuchtdioden (OLED) - Das Geheimnis der verschwundenen Excitonen

01.03.2021

Organische Halbleiter wie in OLEDs wären effizienter, wenn nicht ein Teil der Energie unerkannt im Material verschwinden würde. Ein Team des e-conversion Clusters hat sich erfolgreich auf die Suche begeben - im Gepäck eine elegante Methode, die zeigt, wie viele angeregte Elektronen im Material waren und wie sie verloren gehen.

Bild: Felix Hofmann

Organische Leuchtdioden wandeln elektrische Energie in Licht um und begegnen uns täglich in unseren Handy-Displays, Laptops und Fernsehern. Die größten Vorteile von OLEDs: Ihre Schichten lassen sich sehr dünn auf flexible Folien drucken, es entstehen farblich brillante und scharfe Bilder und sie verbrauchen weniger Energie als herkömmliche Displays. Doch die Dioden wären noch effektiver, wenn nicht ein kleiner, aber erheblicher Teil der Energie auf unbekannte Weise im Material wegdiffundieren würde.

Der zentrale Bestandteil einer OLED ist sein Halbleitermaterial, das üblicherweise aus langen Kohlenstoffketten besteht. Darauf wechseln sich optisch inaktive Bereiche mit Abschnitten ab, die als sogenannte Chromophore durch Strom zum Leuchten gebracht werden können. Sobald Strom eine Molekülkette anregt, entsteht ein Elektronen-Lochpaar (Exziton), das als eine Art mobiler Anregungszustand die Polymerkette entlangwandert. Das Exziton bewegt sich von einem Chromophor zum nächsten bis seine Energie irgendwann an einem der Chromophore in ein Lichtteilchen (Photon) umgewandelt wird. Will jedoch ein Exziton auf ein Chromophor springen, auf dem sich bereits ein anderes Exziton befindet, kommt es zu seiner Auslöschung (Annihilation) und seine Energie wird in Wärme statt Licht umgewandelt.

Einfluss auf die ganze Optoelektronik

Wie schnell springen die Exzitonen von Chromophor zu Chromophor und wie hängt das mit den Annihilationsprozessen zusammen? Kann der Annihilationsprozess möglicherweise gesteuert werden? Die Gruppe des e-conversion Wissenschaftlers Prof. Philip Tinnefeld (Physikalische Chemie, LMU München) hat sich auf die Spur dieses Rätsels begeben - gemeinsam mit Fachleuten aus den Universitäten Glasgow, Regensburg und Bonn. Ihre Ergebnisse spielen nicht nur für die Entwicklung von OLEDs eine Rolle. Das Verhalten von Exzitonen in organischen Halbleitern beeinflusst viele Materialien im Fachgebiet der Optoelektronik. Dazu gehören auch die Kernelemente von Solarzellen.

Den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ist es erstmals gelungen, gleichzeitig die Anzahl an Chromophoren auf einer Kette zu bestimmen als auch deren Wechselwirkungen. Dazu richteten sie zur Anregung einen Laserstrahl auf ein einzelnes Kettenmolekül und beobachteten, wie die Chromophore mit der Abgabe von Photonen darauf reagierten. Zum Einsatz kamen dabei Detektoren, die in Abständen von wenigen Pikosekunden die Anzahl ausgesendeter Photonen messen können. Zum Vergleich: Eine Pikosekunde verhält sich zu einer Sekunde wie eine Sekunde zu mehr als 30.000 Jahre.

„Um die Anzahl von Chromophoren zu bestimmen, zählen wir die detektieren Photonen pro Anregungszyklus. Bisher haben aber die Annihilationsprozesse diese Messungen verfälscht“, erklärt Tim Schröder, einer der Erstautoren der Publikation. „Mit unserer neuen Methode können wir die Photonen erstmals in Pikosekunden-Abständen detektieren und somit den Emissionsprozess zeitaufgelöst beobachten. Direkt nach einer Anregung hat noch keine Annihilation stattgefunden. Da zählen wir die Chromophore. Danach messen wir, wie sich die Annihilation über die Zeit entwickelt. indem wir immer weniger Photonen detektieren.“

Künstliche DNA als 3D-Testmodell

Die neue Methode aus Pikosekunden-Detektion und zeitaufgelöster Datenanalyse musste sich zunächst an einem genau definierten Modell aus der Gruppe von Philip Tinnefeld beweisen. Dazu nutzten sie die DNA-Origami-Technik, mit der man aus künstlichen DNA-Bausteinen gezielt 3D-Struktur falten und Moleküle anbinden kann. „Entscheidend an unserem Modell ist, dass wir die Anzahl an Chromophoren und deren Abstand zueinander definieren können“, erklärt Prof. Philip Tinnefeld. „Und über den Abstand können wir die Wahrscheinlichkeit für Annihilationsprozesse kontrollieren und unsere neue Methode validieren: Von komplett ausgeschalteter Annihilation bis zu sehr starker Interaktion. Unser Plan ist, die Methode nun auf viele weitere Materialien anzuwenden.“

Im ersten Feldversuch konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zeigen, dass ein effektiver Exzitonentransport in OLEDs davon abhängt, wie sich die Kohlenstoffketten räumlich organisieren. Der Transport muss auch bei Solarzellen so effizient wie möglich ablaufen und weiter optimiert werden. Und auch für das Verständnis und die Übernahme ähnlicher Prozesse aus der Natur ist das Wissen hilfreich: Pflanzen sind unter anderem deshalb so erfolgreich in der Photosynthese, weil die Natur über Jahrmillionen den Exzitonentransport in ihren Lichtsammelkomplexen perfektioniert hat.

Die Publikation ist entstanden aus seiner Kooperation der folgenden Forschungsgruppen: Prof. Philip Tinnefeld (LMU München), PD Dr. Jan Vogelsang und Prof. John M. Lupton (Universität Regensburg), Prof. Sigurd Höger (Universität Bonn) und Dr Gordon J. Hedley (Universität Glasgow).

Publikation
Picosecond time-resolved photon antibunching measures nanoscale exciton motion and the true number of chromophores. Gordon J. Hedley, Tim Schröder, Florian Steiner, Theresa Eder, Felix Hofmann, Sebastian Bange, Dirk Laux, Sigurd Höger, Philip Tinnefeld, John M. Lupton and Jan Vogelsang. Nature Communications 12, 1327 (2021). https://doi.org/10.1038/s41467-021-21474-z

Kontakt
Prof. Dr. Philip Tinnefeld
Chemie Department
Physikalische Chemie / Nanobiochemie
LMU München
Butenandtstr. 5 - 13
81377 München

Mail:
Web: https://tinnefeld.cup.uni-muenchen.de

PD Dr. Jan Vogelsang
Fakultät für Physik
Institut für Experimentelle und Angewandte Physik
Universität Regensburg
Universitätsstraße 31
93053 Regensburg

Mail:
Web: http://www.physik.uni-regensburg.de/forschung/lupton/lupton/jvogelsang.php