Molekulare Küche

22.07.2021

Vom Ursprung des Lebens: Nach welchem Rezept wurde die Ursuppe gekocht? Die Chemiker Thomas Carell und Oliver Trapp und der Biophysiker Dieter Braun über die Vorgeschichte der Evolution, die vier Milliarden Jahre später auch den Menschen hervorbringt.

In der Ursuppe: In ganz unterschiedlichen Umgebungen entsteht ein Zoo von Molekülen, aus denen sich zunehmend auch organische Verbindungen bilden. | © Alexander Glandien

Für jede erfolgreiche Fortsetzungsgeschichte gibt es irgendwann einen Vorläufer, der vom Anfang erzählt. So auch bei der Entwicklung des Lebens; es ist die Geschichte vom Ursprung. Vor der biologischen Evolution, der Stammesgeschichte, so weiß die Wissenschaft heute, muss es eine sogenannte chemische Evolution gegeben haben. Doch wie sieht sie aus, die Vorgeschichte des Lebens? Was geschah auf der Erde, bevor sich das Leben formte? Wie konnten vor etwa vier Milliarden Jahren die ersten einfachen Bausteine entstehen, die die Entstehung des Lebens in Gang setzten? Unter welchen Bedingungen fügten sich solche Moleküle zusammen, aus denen sich komplexere informationstragende Einheiten bilden konnten, die sich selbst vervielfältigen – Vorläufer des heutigen Erbmaterials?

Die sogenannte Origins-of-Life-Forschung hat sich mittlerweile zu einem eigenen Forschungszweig entwickelt – und München und die LMU zu einem seiner international stark beachteten Zentren. In dem Schwerpunkt arbeiten einige Dutzend Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler; er bündelt eine ganze Reihe hochrangig geförderter Projekte: einen Sonderforschungsbereich (SFB), den die DFG finanziert, mehrere hochdotierte Grants des Europäischen Forschungsrates sowie weite Teile eines Exzellenzclusters.

Schon das Plotten der Ursprungsgeschichte ist allerdings nicht ganz einfach. Viele Theorien, viele Szenarien, noch mehr Details. Und so versuchen die Forscher erst einmal so etwas wie plausible Handlungsstränge zu entwickeln: Welche Bedingungen herrschten wahrscheinlich auf der frühen Erde? Welche chemischen Reaktionen wurden damit möglich? Konnten daraus erbgutähnliche Moleküle entstehen? Und setzten sie schließlich eine evolutionsähnliche Dynamik in Gang? Das zu rekonstruieren, dabei helfen ihnen die Experimente der modernen Chemie. Doch am Ende wollen die LMU-Forscher eine möglichst vollständige Variante der Vorgeschichte präsentieren – und in Experimenten nacherzählen.